Gelassen gärtnern ist keine neue Philosophie für Esoteriker, sondern eine Notwendigkeit. Insbesondere nachdem der Klimawandel alles Bisherige auf den Kopf stellt. Jahrelang gesammelte Erfahrungen mit Pflanzen und gutes Gartenwissen sind nichts mehr wert, wenn sich alles so schnell und so drastisch ändert, wie es momentan den Anschein hat.
Besser einmal gründlich jäten, als laufend zupfen
Das einzig Gute an dieser verrückten Gartensaison ist: Auch das Unkraut wächst schlecht oder gar nicht. Zumindest bis nach einer langen Trockenperiode wieder das erste bisschen Regen fällt. Seitdem keimen wieder Vogelmiere und Löwenzahn. Zeit noch einmal alle Blumenbeete in Ruhe, aber gründlich zu jäten. Früher habe ich alle sieben Blumenbeete rund ums Haus an zwei Abenden geschafft. Heute, insbesondere wenn es im Herbst schon früh dunkel wird, bin ich damit gleich sieben Nachmittage gut beschäftigt.
Na und!?
Auch ich werde älter und merke es an schwindender Kraft – und Lust. Insbesondere wenn meine Füße sich spätestens gegen vier wie taube Eisklötze anfühlen. Gärtnern mit kalten Füßen macht keinen Spaß. Da stelle ich lieber die Hacke weg. Anstatt mich selbst zu hetzen, bleibe ich gelassen, genieße meine Teatime, gerne mit Teilchen und den neuesten Posts auf Instagram.
Gelassen gärtnern im Herbst bedeutet Eile mit Weile
Meine Mutter betonte stets, unter 12 Grad gärtnert sie nicht. Ich nehme es mit der Temperatur nicht so genau wie sie, aber inzwischen verstehe ich ihre persönliche Philosophie schon sehr viel besser. Gärtnern soll schließlich Spaß machen und nicht in Arbeit oder Plackerei ausarten. Das klappt aber nur, wenn ich beim Gärtnern meinem eigenen Rhythmus folgen kann.
Gärtnern Sie! Wer gärtnert hat Spaß im Garten, egal was ansteht. Wer beim Garten jedoch an GartenARBEIT denkt, hat schon verloren. Wer will schon arbeiten, wenn er Spaß haben kann.
Ein winterfester Garten muss nicht nackt und freudlos sein.
Ein milder Herbst lässt mir genügend Spielraum, um in aller Ruhe und Gelassenheit den Garten winterfest zu machen. Die Blumenzwiebeln sind gesetzt, die Beete weitgehend unkrautfrei, die Wiese noch ein letztes Mal gemäht. Was jetzt noch getan werden muss, folgt nach und nach – und nach Lust und Laune.
Es ist ja nicht mehr viel: Rosen anhäufeln, Wasserpumpe reinholen, Gartenschläuche versorgen, mit Regenwasser gefüllte Gießkannen in den Keller stellen, und die halben Weinfässer des Wassergartens entleeren und umdrehen.
Mit dem Schnitt der restlichen Stauden lasse ich mir dagegen noch länger Zeit. Vögel und Insekten dürfen in dem Gestrüpp gerne noch Futter suchen oder einen Schlafplatz. Als Wind- und Winterschutz dienen welke Stauden obendrein. Also abwarten. Auch im Winter gibt es schließlich warme Sonnentage, die mich geradewegs nach draußen und in den Garten führen. Was für ein Glück, dass im naturnahen Garten andere Regeln gelten, um ihn winterfest zu machen.
Warum schon im zeitigen Herbst Futterplätze für Gartenvögel einrichten?
Während der Garten in den wohl verdienten Winterschlaf versinkt, ist es für Vogelfreunde wie mich höchste Zeit, weitere Futterplätze für die Gartenvögel einzurichten. Ich füttere ja das ganze Jahr über, aber nach der Brutsaison etwas sparsamer und nur an einem Futtersilo. Jetzt kommen zwei weitere Futterautomaten und ein Futtertisch für Amseln dazu. Der Futtertisch steht erhöht auf dem schweren Gusseisenfuß eines Bistrotischs.
Anstelle der Marmorplatte montiere ich im Herbst allerdings eine robuste, geriffelte Metallplatte auf den Fuß. Dort finden Amseln, Finken und Spatzen täglich geölte Haferflocken mit Rosinen. Für diese Liebesmühe bedanken sich Amseln übrigens mit Absammeln und Vertilgen unzähliger Schnecken, Raupen und anderer Insekten.
Kleinere Gartenvögel verschmähen zwar Schnecken, fangen dafür jedoch Insekten im Minutentakt und füttern damit ihre Kinder. Merke: Wer einen vogelfreundlichen Garten hat, braucht weder Insektizide noch Schneckenkorn.
Wie geht gelassen gärtnern für Vogelfreunde?
Vogelexperten raten dazu, Futterplätze für Vögel schon frühzeitig einzurichten, damit sich das unter den gefiederten Freunden schnell herumspricht und der Futterplatz auch angenommen wird.
Seitdem ich meinen Garten vogelfreundlich eingerichtet habe, beleben ihn Vögel das ganze Jahr. Sie sitzen in den Bäumen, auf ihren Sing- und Beobachtungswarten, nisten, ziehen in mehreren Bruten ihre Jungen groß und versuchen Nachbars fiesen Katzen rechtzeitig zu entkommen.
Was bedeutet gelassen gärtnern genau?
1. Hetzen Sie sich nicht selbst, sondern nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Hören Sie auf zu gärtnern, wenn es ihnen keinen Spaß mehr macht.
2. Trennen Sie Wichtiges von Unwichtigem. Vieles im Garten kann im Herbst einfach so bleiben, wie es ist: Stauden, Gräser und Sommerblumen müssen nicht vor dem Frost geschnitten werden, sondern bieten im Winter Insekten und Vögeln sowohl Nahrung, als auch Schutz.
3. Richten Sie Ihren Garten vogelfreundlich ein und kümmern Sie sich um Gartenvögel das ganze Jahr. Vögel sind ihre Verbündete im Kampf gegen Läuse, Raupen und andere Plagegeister. Sind Vögel im Garten, können Sie der nächsten Läuseplage gelassen entgegen sehen.
4. Denken Sie positiv. Der Garten soll keine Arbeit machen, sondern Freude.
5. Wenn Ihr Garten zumeist in Arbeit ausartet, gestalten Sie ihn pflegeleichter – und seniorengerecht.
Video: Langlebige Tulpen. Einmal gepflanzt kommen sie immer wieder
Wie wird der Garten pflegeleichter?
- Ersetzen Sie Wiese / Rasen durch pflegeleichte Stauden. Am besten durch Stauden, die Trockenheit und Hitze gut aushalten. Pflanzen Sie vermehrt Spornblumen, Lavendel, Teppichastern, Sedum, Steppensalbei, Taglilien, Agastachen … lassen Sie sich in der regionalen Staudengärtnerei bei der Auswahl beraten.
- Pflanzen Sie heimische Gehölze anstelle empfindlicher Thujen, beispielsweise Liguster, Hainbuchen oder Flieder.
- Sie haben keine Lust mehr, stundenlang eigenes Obst und Gemüse aus dem Garten zu verwerten? Spenden Sie das Obst und ersetzen Sie in die Jahre gekommene Obstbäume durch Vogelnährgehölze / Insektengehölze wie Zierapfel, Holunder, Wildbirne, Maulbeere, Apfeldorn, Mehlbeere, Vogelbeere, Blumenesche oder Faulbaum.
- Setzen Sie keine Pflanzen an den falschen Standort. Beispielsweise gehören Hortensien weder in die pralle Sonne, noch in kalkhaltige Erde. Pflanzen Sie auch keinen Japanischen Zierahorn in schweren Lehmboden, das klappt einfach nicht. Wenn Sie unsicher sind: Lesen Sie beim Kauf das Pflanzenetikett oder/und nutzen Sie fundiertes Gartenwissen aus einem guten Pflanzenbuch.
- Saisonpflanzen machen ein bisschen mehr Mühe als Stauden. Aber auch unter den Frühlings- und Sommerblumen gibt es riesige Unterschiede, was ihre Ansprüche angeht. Hornveilchen blühen fast das ganze Jahr über und vermehren sich selbst. Löwenmäulchen, Duftsteinrich, Ringelblumen blühen bis zum Frost überreich – ohne auch nur eine einzige Wassergabe aus der Gießkanne. Das Beste: Im nächsten Jahr erscheinen diese Dauerblüher von ganze alleine wieder.
- Entsorgen Sie Pflanzen, die viel zu viel Kummer und Mühe bereiten. Seien Sie dabei gnadenlos und schaffen Sie Platz für wirklich pflegeleichte Pflanzen.
- Schaffen Sie zu große Kübelpflanzen ab oder mieten Sie sich einen Überwinterungsplatz einer guten Gärtnerei inklusive Hol- und Bringservice. Doch Vorsicht: Gärtnereien lassen sich Platz und Service auch gut bezahlen. Für dieses Geld könnten Sie sich im Frühling viel leichter neue Kübelpflanzen kaufen.
- Pflanzen Sie Blumenzwiebeln zum Verwildern. Einmal gesetzt machen Sie Jahr für Jahr aufs Neue Freude. Dauerhafte Tulpen, Schneeglöckchen, Krokusse, Wildtulpen, BlueBells, Narzissen brauchen kaum Pflege, bescheren aber Frühling von ganz alleine – und sind gut für die Bienen.
- Lassen Sie sich bequeme Wasserzapfstellen installieren. Schleppen Sie keine Gießkannen mehr, sondern verbinden Sie nur ein kurzes Stück Schlauch mit der Wasserleitung. Bei der Gelegenheit könnten Sie auch über eine automatische Bewässerungsanlage nachdenken. Ein Landschaftsgärtner berät Sie sicher Ihnen gerne. Lassen Sie sich erklären, was in Ihrem Garten konkret möglich ist und was es kostet.
- Reicht Ihre Kraft nicht mehr zum Umsetzen und Ausfahren von Kompost? Holen Sie sich Hilfe oder mieten Sie eine Bio-Tonne. Es ist zwar schade, keinen eigenen Kompost mehr zu haben, aber wenn die Kraft fehlt, ist eine Bio-Tonne eine gute Lösung. Sie gewinnen dadurch ja auch wieder etwas mehr Platz für Neues im Garten! Vielleicht für einen hübschen Sitzplatz unter einem neuen Hausbaum.
Fiona Amann ist Werbetexterin, Bloggerin, Produktfotografin, Blumenfotografin und gärtnert leidenschaftlich gerne. Im Gartenblog "Wo Blumenbilder wachsen" teilt sie Gartenwissen aus über 4 Jahrzehnten stellt Lieblingspflanzen & ihre Pflege vor. Außerdem: Lieblingsrezepte aus ihrer Landküche.