Warum einen Zitronenbaum selber ziehen?
Den Winter zu überstehen ist eines meiner größten Probleme. Mir fehlt mein Garten. Der abendliche Spaziergang entlang die Beete mit Eimer, Wurzelstecher und Schere ebenso wie die frühmorgendliche Fotosafari mit Stativ und Diffusor. Der Blick aus dem Fenster ist einfach nur deprimierend, denn anstatt satter Farben gibt es winters im Garten nur wenig Grünes zu sehen; und nur selten tröstet Schnee über das matschige Graubraun hinweg.
Zimmerpflanzen schaffen Wohlfühlklima
Was bleibt sind meine Zimmerpflanzen. Die Paradiesvogelblume hat sich am bodentiefen Südfenster im Büro endlich vom Umtopfen erholt und sieht jetzt wieder prächtig aus. Ich hatte schon das Schlimmste befürchtet, denn bei der radikalen Umtopfaktion im vorletzten Sommer wurden ihre Wurzeln radikal gekappt. Zwei Drittel der Blätter mussten anschließend zum Ausgleich weg. Zum Schluss war die einst so stolze Strelitzie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Doch Mutter Natur hat sich einmal mehr als unbesiegbar erwiesen: Meine Strelitzie ist heute so schön wie nie.
Dabei hätte Palmenmann.de blitzschnell Ersatz für sämtliche Fensterbänke im Haus geliefert – inklusive einer neuen Strelitzie. Der Onlineversender für Kübelpflanzen und andere Exoten hat diesbezüglich ja einiges zu bieten, was mein Gärtnerherz höher schlagen lässt. Wer mag und genügend Platz im Garten dafür hat, kann sich dort sogar einen ausgewachsenen Olivenbaum bestellen … oder aber Olivenbaumsämlinge für kleines Geld.
Pläne schmieden für die neue Gartensaison.
Was mir im tatsächlich noch fehlt ist ein Zitronenbaum in ordentlicher Größe für meinen Küchengarten auf der Terrasse. Dort wächst bereits ein echter Gewürzlorbeer und macht mir sehr viel Freude. Frische Lorbeerblätter schmecken nämlich sehr viel aromatischer als getrocknete vom Supermarkt, zudem kann Lorbeer im Kübel auch draußen überwintern – bis minus 7 Grad.
Ein Zitronenbaum kann im Kübel, als einzige Citrusfrucht überhaupt, zur Not auch im Wohnzimmer überwintern.
Womit ich wieder beim Thema bin: Wie man den Winter ohne Garten übersteht. Mein Vorschlag für alle Hobbygärtner, die etwas Neues probieren wollen: Säen Sie doch mal einen Zitronenbaum aus. Das geht erstaunlich leicht und macht deswegen auch Kindern Spaß. Es dauert allerdings mindestens vier Jahre bis so ein selbst gezogener Zitronenbaum erstmals blüht und Früchte trägt doch bis es so weit ist, haben Sie immerhin eine schöne Pflanze mit sattgrünen Blättern auf der Fensterbank und später auf der Terrasse. Mediterranes Feeling gibt’s gratis dazu. Mein eigenes Experiment mit Zitronenkernen ist schon mehrmals geglückt, deswegen verrate ich Ihnen heute mal wie’s geht.
So ziehen Sie Ihren eigenen Zitronenbaum zum Nulltarif.
Nur frische Samen treiben aus.
Je frischer der Samen, desto höher die Erfolgsquote. Was für Blumen- und Gemüsesaat gilt, stimmt auch für Zitronen. Deswegen einfach eine frische, unbehandelte Zitrone kaufen, aufschneiden, Samen heraus fischen und diese in einem Teesieb liegend unter fließendem Wasser solange spülen bis auch letzte Fruchtfleischreste verschwunden sind.
Verwenden Sie keimfreies Substrat.
Aussaaterde hat den Vorteil, dass sie keimfrei ist und zudem ungedüngt. Aber wer hat schon immer Aussaaterde zur Hand? Ich verwende deswegen gerne gestreckte, das heißt abgemagerte Blumen- oder Pflanzerde aus dem Sack. Dazu nehme ich zwei Teile Erde und einen Teil Seramis und stelle diese Mischung anschließend für 2 Minuten bei voller Stärke in die Mikrowelle. Vorsicht: Das Substrat ist anschließend heiß und muss erst abkühlen, bevor es weiter geht.
Verwenden Sie schon zur Aussaat einen hohen Topf.
Zitronenbaumsämlinge haben erstaunlich lange Pfahlwurzeln. Deswegen ist es sinnvoll, schon zur Aussaat große bzw. hohe Töpfe zu verwenden. Notbehelfe wie Joghurtbecher oder Eierkartons, wie sie oft für das Anziehen von Sommerblumen verwendet werden, scheiden aus. Besser sind 13er-Töpfe, in denen vorher beispielsweise Stauden waren. Gründlich auswaschen bitte nicht vergessen.
Halten Sie Abstand zwischen den einzelnen Zitronenkernen.
Füllen Sie also einen 13er-Topf mit dem abgekühlten Substrat und legen Sie darin die Zitronenkerne mit etwa 3 Zentimeter Abstand zu einander aus. Andrücken und mit knapp 1 cm Erde abdecken und noch einmal andrücken, so dass guter Bodenkontakt entsteht. Jetzt nur noch mit Regenwasser in Zimmertemperatur angießen und gegen Austrocknen absichern.
Lassen Sie Saatgut und Substrat auf keinen Fall austrocknen.
Ist das Substrat zu nass, fault das Saatgut, ist es zu trocken, vertrocknet es und keimt nicht mehr. Um das Substrat gleichmäßig feucht zu halten, bauen Sie sich ganz einfach ein Minigewächshaus um den Topf herum. Dazu stellen Sie zunächst den Plastiktopf mit den Zitronenkernen in einen etwas größeren Übertopf mit einer 3-4 Zentimeter hohen Drainageschicht aus Seramis oder Blähton. Anschließend stellen Sie das Ganze in einen geräumigen, durchsichtigen Gefrierbeutel. Nach dem ersten Angießen mit zimmerwarmen Regenwasser verschließen Sie den Gefrierbeutel mit einem Klipp. Stellen Sie Ihren Anzuchttopf an einen warmen Platz (Fensterbank über der Heizung) und warten Sie. Solange kein Grün zu sehen ist, kann der Topf auch abseits vom Fenster stehen.
Wer hat, verwendet zur Anzucht einfach ein Mini-Gewächshaus für die Fensterbank. Manche kommen inklusive Heizung und drehbarer Lüftung im durchsichtigen Deckel daher.
Schneller Anzuchterfolg macht auch Kindern Spaß.
Schon nach etwa 7-14 Tagen zeigt sich erstes Grün. Öffnen Sie den Gefrierbeutel aber entfernen Sie ihn noch nicht. Es sollen doch möglichst viele Kerne eine Chance haben und die meisten keimen auch innerhalb weniger Tage. Der Gefrierbeutel gibt den Sämlingen noch einige Tage Windschutz bevor sie anschließend pikiert und damit vereinzelt werden.
Lassen Sie den Sämlingen genügend Zeit, sich kräftig zu entwickeln, bevor sie später in Töpfe vereinzeln und weiter kultivieren. Ab Mitte Mai freuen sich die jungen Zitronenbäumchen über die Sommerfrische auf Terrasse oder Balkon. Anfangs sollten Sie noch ein wenig vor praller Sonne und zu viel Hitze geschützt werden aber im Laufe der Zeit werden die Kleinen robust und halten auch Sommergewitter aus.
Das ist wichtig:
- Gießen mit Regenwasser. Eigentlich ganz einfach und auch logisch, denn Regenwasser bringt alles mit, was junge Zitronenbäumchen für gesundes Wachsen brauchen. Zitronenbäume wollen weder zu nass stehen, noch austrocknen. Wer unsicher ist, behilft sich am besten mit einem Feuchtigkeitsmesser. Wer dagegen einen grünen Daumen hat und die Augen offen hält, erkennt an den eingerollten Blättern schnell, wenn das Zitronenbäumchen durstig ist. Experten raten dazu, Zitronen eher eine Spur zu trocken als zu nass zu halten.
- Mäßig aber regelmäßig düngen. Im ersten Jahr braucht das Zitronenbäumchen noch keinen Dünger. Das Substrat enthält alles, was es zum Wachsen braucht. Ab dem zweiten Jahr düngen Sie während der Wachstumsperiode zwischen April/Mai und September/Oktober einmal wöchentlich am besten mit einem organischen Zitrusdünger. Ob es dem Zitronenbäumchen an Nährstoffen mangelt, erkennen Sie ganz leicht an der Farbe der Blätter. Gelbliche Blätter, bei denen nur noch die Adern grün sind, weisen beispielsweise auf einen Eisenmangel hin. Dagegen hilft spezieller Eisendünger zum Gießen.
- Düngen Sie im Winter nur einmal monatlich wenn die Pflanze hell und etwas wärmer steht. Verringern Sie dabei die Düngerdosis.
- Ein helles, kühles aber frostfreies Winterquartier: Zitronenbäume sind echte Sonnenkinder, die auch im Winter gerne so hell und sonnig wie möglich stehen. Wer keine Orangerie hat, wählt einen möglichst hellen Fensterplatz im Gästezimmer, Schlafzimmer oder Treppenhaus und wenn all das nicht gegeben ist, übersteht ein Zitronenbaum auch ein sonnigen Platz im Wohnzimmer.
Fiona Amann ist Werbetexterin, Bloggerin, Produktfotografin, Blumenfotografin und gärtnert leidenschaftlich gerne. Im Gartenblog "Wo Blumenbilder wachsen" teilt sie Gartenwissen aus über 4 Jahrzehnten stellt Lieblingspflanzen & ihre Pflege vor. Außerdem: Lieblingsrezepte aus ihrer Landküche.