Oma Agnes war eine sehr warmherzige Frau, die wunderbar kochen und auch erzählen konnte. Als ich sie kennenlernte war ich 16 und so war es auch nicht weiter verwunderlich, dass sie sich schon bald anschickte, mich, die „Feel des Bua“, in die Geheimnisse ihrer guten Küche einzuführen. Immerhin musste sie ja dafür sorgen, dass ihr einziger Enkel, auch ohne ihr Dazutun, seine Lieblingsgerichte aufgetischt bekommt. Krautkrapfen gehören definitiv dazu.
Wer gut essen will, lernt kochen
Wenn man bedenkt, dass ich bis dahin weder einen Sinn fürs Kochen hatte, noch – bis auf die obligatorischen Spätzle – Allgäuer Rezepte kannte, war das schon ein ziemlich großes Unterfangen. Denn meine Mutter kochte rheinische Küche und dazu Gerichte aus den Regionen und Ländern, in denen wir bis dahin gelebt hatten.
Oma Agnes kaufte regional, saisonal und sparsam ein
Oma Agnes war Zeit ihres Lebens nicht aus Marktoberdorf herausgekommen. Was sie brauchte, besorgte sie zu Fuß im Ort. Dafür hatte ihr Hans, ihr Mann, einen Handwagen gebaut. Mit luftgefüllten Reifen, stabilem Rahmen und breiter Ladefläche – ein wendiges Gefährt, mit dem Agnes selbst mehrere Getränkekisten bequem nach Hause schieben konnte. Hans war Werkzeugmacher und konnte einfach alles.
Agnes hielt trotz der Einkaufsmöglichkeit vor Ort nichts davon, Mehl in „winzigen“ Ein-KiloTüten heimzutragen. Sie hatte extra eine große Mehlschublade im Küchenbuffet. Und statt umständlich eine Waage zu befragen, griff sie lieber mit der Hand in diese Mehlschublade und holte sich so viel Mehl, wie sie gerade brauchte. Deswegen war’s anfangs für mich eine gewisse Herausforderung, die richtigen Mengen für alle Zutaten ihrer Gerichte herauszufinden.
Zutaten für Oma Agnes Allgäuer Krautkrapfen
Für den Strudelteig:
- 250 Gramm Mehl
- 2 Eier
- 2 halbe Eierschalen Wasser
- 2 EL Öl
- 1 Prise Salz
Für die Füllung:
- 1 Dose Sauerkraut
- Zucker
- Kümmel, Nelken, Lorbeerblätter, Wacholderbeeren, Pfeffer
- Speck oder Schinken, gewürfelt
- Alternativ: gewürfelte Bratenreste
Was ist das Geheimnis eines geschmeidigen Strudelteigs?
Zeit!
Verquirlen Sie zunächst 2 Eier, 2 halbe Eierschalen Wasser, 2 Esslöffel Öl, 1 Prise Salz miteinander. Geben Sie 250 g Mehl dazu und verkneten alles zu einem festen Strudelteig.
Oma Agnes machte dies immer von Hand. Mit der großen Küchenmaschine geht’s noch besser, finde ich. Nach dem Kneten legen Sie die Teigkugel in eine bemehlte Schüssel, bepinseln sie mit Öl, und decken die Schüssel mit einem Teller ab. Der Teig muss jetzt mindestens eine halbe Stunde lang ruhen – besser noch länger. Meiner Erfahrung nach lässt sich Strudelteig besser ausrollen, wenn er lange rasten und sich dabei entspannen konnte.
So bereiten Sie Sauerkraut-Speck-Füllung zu
In der Zwischenzeit kochen Sie das Sauerkraut:
- Dünsten Sie zunächst eine gehackte Zwiebel in etwas Fett, Streuen Sie 1 EL Zucker darüber geben und karamellisieren Zucker und Zwiebeln leicht.
- Geben Sie anschließend eine Dose (rohes) Sauerkraut dazu und eine 3/4 Dose Wasser.
- Würzen Sie mit Nelken, zerstoßenen Wacholderbeeren, Kümmel und ein bis zwei Lorbeerblättern.
- Lassen Sie das Sauerkraut einmal aufkochen, und köcheln es danach bei milder Hitze etwa 15 Minuten lang.
- Gießen Sie das Sauerkraut über ein Sieb ab und lassen es auskühlen.
Tipp: Es lohnt sich, Strudelteig und Kraut schon morgens vorzubereiten, wenn es mittags Krautkrapfen geben soll.
Rollen Sie den Strudelteig auf einer bemehlten Arbeitsfläche Strudelteig möglichst dünn aus. Je dünner, desto besser. Sobald der Teig geschmeidig ist, legen Sie ihn auf ein Geschirrtuch über den Arm und ziehen den Teig noch weiter bis er die richtige Länge und Breite erreicht hat. Der Strudelteig ist richtig, wenn Sie eine Zeitung durch ihn lesen können. Wenn Sie das Muster des Geschirrtuchs darunter gut sehen können, gilt das sicher auch.
So füllen Sie den Strudelteig für Krautkrapfen
Belegen Sie den dünn ausgerollten Strudelteig gleichmäßig dünn mit dem abgetropften und ausgekühlten Sauerkraut. Dazu kommt nun, je nachdem was der Kühlschrank hergibt: fein gewürfelter Braten vom Wochenende, gewürfelter durchwachsener Speck (am besten schon ausgelassen und auf Küchenpapier vom überflüssigen Fett befreit) oder Bacon. Würzen Sie mit schwarzem Pfeffer aus der Mühle und reichlich Kümmel.
Jetzt kommen die Krautkrapfen in die Pfanne
Rollen Sie nun den Strudelteig mit seiner Füllung von einer Seite her auf. Achten Sie darauf, dass der Strang fest bleibt, sonst könnten die einzelnen Krapfen beim Braten leicht auseinander fallen. Schneiden Sie nun den Strang mit einem scharfen Messer in etwa handbreite Scheiben.
Bringen Sie in einer hohen Pfanne fingertief Wasser zum Kochen und geben Sie gut 2 Esslöffel Butter oder Butterschmalz dazu. Sobald das Fett geschmolzen ist, setzen Sie die Krautkrapfen nebeneinander in die Pfanne. Verschließen Sie die Pfanne mit einem gut sitzenden Deckel und lassen Sie das Ganze etwa 15 Minuten bei kleiner bis mittlerer Hitze sanft köcheln
Tipp: Ich verwende für Krautkrapfen am liebsten eine gute, emaillierte Gusseisenpfanne. Oma Agnes beherrschte ihre „eingefahrene“ Eisenpfanne mindestens ebenso gut. Krautkrapfen gelingen aber auch in beschichteten Pfannen. Wichtig ist nur, dass die Krapfen sehr langsam garen, sonst werden sie schwarz, bevor der Strudelteig innen gar ist. Bei Eisenpfannen gelingt dies am besten bei kleiner Hitze.
Nach etwa 15 Minuten „schwätzen“ die Krapfen. Das heißt, das Wasser dürfte nun verdampft bzw. von den Krapfen aufgesogen worden sein und sie beginnen unten braun zu werden. Schauen Sie vorsichtig nach, ob der mittlere Krapfen schon bereit zum Wenden ist. Wenn ja, alle Krapfen umdrehen und für weitere zehn Minuten bei kleiner Flamme und ohne Deckel weiter braten. Ggf. noch etwas Butterschmalz oder Öl nachgeben, damit die Krautkrapfen nicht anbrennen.
Servieren Sie Allgäuer Krautkrapfen direkt und heiß aus der Pfanne. Sie schmecken allen, auch Kindern, die sonst bei Sauerkraut gerne herummäkeln.
Guten Appetit.
Noch ein kleiner Tipp: Falls Ihnen das Braten in der Pfanne zu heikel erscheint, disponieren Sie um und backen einen Allgäuer Krautstrudel im Ofen. Gleiche Zutaten, gleiche Machart, nur im Ganzen gebacken.
Fiona Amann ist Werbetexterin, Bloggerin, Produktfotografin, Blumenfotografin und gärtnert leidenschaftlich gerne. Im Gartenblog "Wo Blumenbilder wachsen" teilt sie Gartenwissen aus über 4 Jahrzehnten stellt Lieblingspflanzen & ihre Pflege vor. Außerdem: Lieblingsrezepte aus ihrer Landküche.