Wie Sie einen jungen Baum retten, der seit Monaten schwächelt: Ihr Baum will einfach nicht wachsen und schwächelt seit Monaten? Ergründen Sie das Warum, handeln Sie beherzt und geben Sie dem Baum eine zweite Chance. Es lohnt sich ganz bestimmt.

Warum wächst mein junger Baum nicht an?

Dieser kleine Kugel-Amberbaum (Bild ganz unten) auf einem 80 cm hohen Stamm war ein Restposten, der im Herbst fast geschenkt aus einer Gärtnerei kam – aber fortan nicht wachsen wollte. Er blieb über 18 Monate, so wie er aus der regionalen Gärtnerei gekommen war. Der junge Baum wuchs im Garten einfach nicht an, obwohl der Standort (vollsonnig) gut gewählt, der Boden (lehmig, kiesig) bestens für ihn geeignet war und der Baum auch regelmäßig gegossen wurde.

Der direkte Vergleich zu seinem gleichaltrigen Bruder (Beitragsbild), der aus derselben Charge der Gärtnerei stammte, zeigte es überdeutlich. Dieser stand schon ein halbes Jahr zuvor in einem großen Pflanzgefäß und seine Krone legte dort mächtig zu.  Warum wächst der eine Baum nicht an, während der kaum zu bremsen ist?

Ein kleiner junger Baum wächst vorzüglich in einem großen halben Weinfass

Platz für einen kleinen Baum ist auch in einem halben Weinfass. Der „große Bruder“ hat im Laufe des Sommers mächtig zugelegt und braucht demnächst wieder einen Formschnitt seiner Krone. Der „kleine Bruder“ stand derweil im Garten und wuchs dort einfach nicht an. Warum? Und wie wird der schwächelnde Baum wieder fit?

Einen jungen Baum retten: Ursachenforschung ist das A und O

Anfang April kommt der junge Baum in meine „Krankenstation“, um zu retten, was zu retten ist. Los geht’s mit einer Bestandsaufnahme und Kontrolle.

Kontrollieren Sie die Wurzeln

Die Wurzeln sind augenscheinlich gesund, weder angefressen, noch faulig. Doch man sieht den Wurzeln auf den 1. Blick an, dass der junge Baum vor dem Einpflanzen viel zu lange im Verkaufs-Container gestanden ist. Seine Wurzeln laufen noch immer im Kreis herum und haben nur wenige Feinwurzeln gebildet.

Beim Pflanzen des Baumes wurde offensichtlich vergessen, den Wurzelballen ordentlich aufzukratzen. Dies sollte man jedoch beim Pflanzen von Gehölzen, Sträuchern und Bäumen (Containerware) jedoch grundsätzlich machen. So werden die Wurzeln angeregt, neue Feinwurzeln zu bilden. Diese sind enorm wichtig fürs Anwachsen.

Gegenmaßnahmen:

  • Wässern Sie den Wurzelballen einige Stunden,
  • lösen Sie die alte Erde vom Wurzelballen.
  • Entfernen Sie Wurzelunkräuter wie Quecke, Löwenzahn, Hahnenfuß und ähnliche Kräuter. Jetzt ist die beste Gelegenheit dazu. Später könnte das Jäten dieser Unkräuter die Wurzeln des Baumes beschädigen und das wollen wir ja nicht.
  • Legen Sie vorsichtig die Wurzeln frei.
  • Danach erfolgt ein maßvoller Wurzelschnitt: Kürzen Sie rund am Topfrand entlang laufende Wurzeln um gut ein Drittel bis zur Hälfte. Dadurch wird das Wachstum neuer Wurzeln angeregt.

Einen jungen Baum retten Schritt für Schritt

1. Pflanzen in frisches Substrat

  • Pflanzen Sie den jungen Baum in einen großen Pflanzcontainer in frische, gute Kübelpflanzenerde. Pflanzerde geht auch.
  • Geben Sie unten in den Container eine Drainageschicht aus Blähton oder Tonscherben.
  • Legen Sie darüber ein Gartenvlies damit sich später Drainage und Substrat nicht vermengen.
  • Mischen Sie, wenn vorhanden, Perlite unter das Substrat für einen besseren Wasserhaushalt.
  • Geben Sie eine Handvoll Bodenaktivator dazu.
  • Gießen Sie sehr kräftig an.

2. Auslichten und Schneiden der Krone.

Frischer Austrieb eines Kugel-Amberbaums, Liqudambar styraciflua Gumball. Die Blätter erinnern an einen Ahorn.

Frischer Austrieb eines Kugel-Amberbaums, Liqudambar styraciflua Gumball. Seine Blätter erinnern an einen Ahorn.

Sobald der Baum frische Blätter austreibt, erkennen Sie, welche Zweige gesund, und welche abgestorben sind. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Krone auszulichten. Schneiden Sie alle Zweige raus, die

  • abgestorben oder schwach sind,
  • nach innen wachsen,
  • sich mit anderen Zweigen kreuzen und sich dabei berühren. Einer von beiden muss weichen.

3. Formschnitt der Krone

Ob Sie der Krone einen Formschnitt verpassen möchten, liegt ganz bei Ihnen und hängt davon ab, was es für ein Baum ist, bzw. welche Form er von Natur aus hat. In diesem Beispiel handelt es sich um einen Kugel-Amberbaum auf Halbstamm, der normalerweise auch ohne Formschnitt auskommt und eine Kugelkrone ausbildet. Momentan ist das leider noch nicht der Fall. Sein Krone wächst sehr eng und hat viele nach innen gerichtete Zweige. Ziel ist jedoch eine runde, kugelige Krone, bei der die Leitzweige von innen  nach außen weisen. Nach dem Auslichten wachsen nur noch zwei Zweige zu steil nach oben. Diese beschwere ich mit Gewichten und senke sie dadurch ab.

Junger Kugel-Amberbaum nach Formschnitt und Rückschnitt

Der junge, noch schwächelnde Baum (Kugel-Amberbaum) nach Rückschnitt

4. Weitere Pflegemaßnahmen

Der junge Baum hat vorerst alles bekommen, was er braucht. Von nun an kommt es auf die weitere Pflege an:

  • Gießen Sie ihn regelmäßig, halten Sie sein Substrat leicht feucht, aber nicht nass.
  • Düngen Sie den Baum im März / Anfang April beim Austrieb und Mitte Juni mit einem möglichst organischen Dünger für Gehölze.
  • Wenn Sie möchten, können Sie den Baum auch mit niedrigen Sommerblumen oder Stauden unterpflanzen. Dadurch erkennen Sie Durst sehr viel schneller. Halten Sie dennoch Abstand zum Wurzelballen des Baumes und pflanzen Sie die Blumen an den Rand des Containers. So kommt sich niemand in die Quere.
  • Wenn Sie die Unterpflanzung im Laufe des Sommers düngen, bekommt der junge Baum jedes Mal auch ein bisschen Futter ab. Das schadet nicht. ABER: Beenden Sie die Düngung spätestens Anfang August, damit das Holz vor Einbruch des Winters aushärten kann. Sinnvoll kann zur Ausreifung des Holzes diesem Zeitpunkt auch eine Gabe Patentkali sein. Stichwort Herbstdüngung für Gehölze, Rosen und Rasen.
  • Im Laufe des Sommers könnte ein weiterer Schnitt der Krone notwendig sein. In meinem Beispiel entwickelt sich die Baumkrone ungleichmäßig, Dies ist dem geschützten Standort, auf der Südseite des Hauses und mit Mauern von drei Seiten, geschuldet. Ein einfacher Formschnitt  bis Ende Juni bringt dies aber wieder schnell in Ordnung.

Mit Bäumen ist es wie mit Kindern: Je früher Sie einen jungen Baum erziehen, desto besser ist es für ihn. Meistens richtet sich diese Gärtnerweisheit an junge Obstbäume, bei denen der Erziehungsschnitt wichtig für den Ertrag ist. Dabei gilt es, senkrecht nach oben wachsende Zweige in einen 45-Grad-Winkel abzusenken. Der Gärtner erreicht dies durch verschiedene Maßnahmen wie das Beschweren durch Gewichte, Abspreizen oder Anbinden der Äste an Pfähle im Boden. Welche Methode am erfolgreichsten ist, hängt vom Alter des Baumes und damit von der Biegsamkeit der Äste ab.

Gehäkelter kleiner Ast-Beschwerer

Gehäkelter Astbeschwerer, gefüllt mit kleinen Schottersteinen.

Kleiner Astbeschwerer

Der Astbeschwerer senkt einen senkrecht stehenden Zweig ab, so dass dieser in Zukunft zur Seite wächst, anstatt nach oben. Nach einer Saison können Sie die Astbeschwerer wieder entfernen.

Welche Ursachen für schwächelnde junge Bäumen sind möglich?

Kümmerwuchs bei jungen Bäumen kann viele Ursachen haben. In diesem Fall stand der junge Baum schon in der Gärtnerei zu lange in einem viel zu kleinen Blumentopf. Seine Wurzeln waren bereits vor dem Einpflanzen zu verholzt, um neu auszutreiben.

Meiden Sie den Kauf vermeintlicher Baumschul-Schnäppchen im Spätherbst oder kontrollieren Sie schon beim Kauf vor Ort den Wurzelballen. Gärtner wissen schon, warum sie im Spätherbst ihre Bestände so günstig abgeben. Sie ersparen sich die Überwinterung im Gewächshaus, die Kosten (Energie, Pflege) verursacht und viel Arbeit (rein und raus). Mal abgesehen davon, dass für viele Containerpflanzen im Spätherbst der optimale Zeitpunkt fürs Pflanzen bereits überschritten ist – sofern der Kunde nicht Bescheid weiß über deren besonderen Ansprüche und wie man sie im Winter gut versorgt.

  • In anderen Fällen können Schädlinge im Wurzelbereich für Kümmerwuchs verantwortlich sein. Das sehen Sie aber erst, wenn Sie den Baum ausgraben und nachsehen. Gibt’s in der Nähe ein Mauseloch? Befinden sich Wurzelläuse oder dicke weiße Larven an den Wurzeln? Dann sollten Sie sofort handeln!
  • Die Larven des Dickmaulrüsslers richten oft große Schäden an, gerade in Pflanzcontainern. Abhilfe schaffen Nematoden. Ich bekämpfe Dickmaulrüssler zweimal im Jahr im ganzen Garten mit Nematoden und so langsam werden sie weniger. In Pflanzkübeln, Blumenkästen und Hochbeeten fühlen sich die Larven der Dickmaulrüssler besonders wohl. Sie haben ihre Lieblingspflanzen wie Erdbeeren, Bergenien, Rosen, Pfingstveilchen oder Fetthenne und Sie erkennen den Befall durch den sogenannten Buchtenschnitt an Blatträndern. Außer Nematoden zählen auch Spitzmäuse, Kröten oder Vögel zu den natürlichen Feinden der Dickmaulrüssler. Fördern Sie Nützlinge!
  • Wühlmäuse sind lästige Nager und fressen alles, was ihnen unterirdisch vor die Zähne kommt. Abhilfe schaffen sie durch Lärm (Kinder, Hunde), möglichst täglichen Umtrieb im Garten. Zur Not auch durch das Aufstellen von Fallen. Nicht schön, aber wirksam.
  • Staunässe ist immer tödlich, es sei denn sie kultivieren Reis oder Wasserpflanzen.
  • Falscher Standort, sonnig statt schattig oder umgekehrt.
  • Falscher Boden, saurer Boden anstatt neutraler oder kalkhaltiger Boden, oder umgekehrt.
  • Lehmboden, anstatt sandiger, humoser Boden, oder umgekehrt.

Und dann gibt es auch noch Leute, die nach dem Pflanzen ihres jungen Baumes vergessen, ihn zu gießen. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema.

Lassen Sie sich vor dem Kauf eines Baumes fachkundig über Standort, Boden und Pflege beraten. Am besten in einer regionalen Baumschule oder Gärtnerei. Lesen Sie zumindest das Baum-Etikett und verwahren Sie es auf. So können Sie später bei Bedarf nachlesen, welchen Baum Sie wo und wann erworben haben. Es gibt auch Gärtnerinnen, die über ihre Gartenpflanzen akribisch genau Buch führen, inklusive Standort und Bild. Hut ab! Doch mir genügt vorerst eine Kiste mit Pflanzenetiketten , auf denen ich das Kaufdatum notiere.

Warum einen kranken Baum retten im Container?

Betrachten Sie den Container als eine Krankenstation, in der Sie alles besser im Blick und unter Kontrolle haben.

  • Sie haben alles richtig gemacht, wenn der junge Baum frische Blätter treibt, wächst und gedeiht.
  • Das heißt aber nicht, dass der Fehler bei Ihnen liegt, wenn der kranke Baum am Ende doch nicht zu retten ist.
  • Es gibt Pilze, die das Kernholz befallen und die Sie erst erkennen, wenn Sie einen welken Ast abschneiden und der Anschnitt nicht grün ist, sondern braun. Dann leitet der betroffene Ast kein Wasser mehr in die Krone und der Baum oder der Strauch sind nicht mehr zu retten. Anfällig für den Befall eines Welkepilzes sind Strauchpfingstrosen.
  • Schließlich können auch Bäume an Krebs erkranken. Behandelt man einen Baumkrebs zu spät ist er unrettbar verloren. Fragen Sie in der Baumschule, ob sie helfen können. Für ein wertvolles und geliebtes Gehölz tut man viel.
  • Ein Trost, wenn der Baum nicht zu retten ist: Sie haben wieder Platz für Neues.
Fiona Amann

Fiona Amann ist Werbetexterin, Bloggerin, Produktfotografin, Blumenfotografin und gärtnert leidenschaftlich gerne. Im Gartenblog "Wo Blumenbilder wachsen" teilt sie Gartenwissen aus über 4 Jahrzehnten stellt Lieblingspflanzen & ihre Pflege vor. Außerdem: Lieblingsrezepte aus ihrer Landküche.