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Farbharmonie im Garten zwischen Theorie und Wirklichkeit.

Rosenbild Märchenrose Pomponella mit Lavendel

Seit Getrude Jekyll zeigte, was sie unter Farbharmonie im Garten versteht, gilt sie als Vorbild für Gärtner in aller Welt. Es klingt ja auch alles so schön und einleuchtend ist es auch: Rosa zu Rosa, Weiß und Violett. Oranges zu Rot und Gelb. Dazu ein weißer Garten wie der berühmte von Sissinghurst Castle. Doch wer nur einen kleinen Garten hat, ist mit farbgetreuer Gartengestaltung nach Gertrude Jekylls Lehre schnell überfordert.

Natürlich könnte man jedes Beet einer anderen Farbe widmen aber in der Praxis kommt dann doch immer Eines zum Anderen. Und plötzlich steht mitten neben einer Rose im zartesten Rosa  eine Taglilie in Feuerrot. Ein vertauschtes Etikett? Eine Verwechslung? Wer weiß das schon so genau im ersten Augenblick. Und was tun, wenn der unmögliche Fauxpas bereits eingetreten ist und dadurch die Farbharmonie im Garten scheinbar gelitten hat?

Gefüllte Taglilie in Feuerrot

Was tun, wenn es mit der angestrebten Farbharmonie im Garten nicht klappt?

Wenn ich im Laufe der meiner inzwischen 40 Gartenjahre eines gelernt habe ist: Eine große Portion Zufall mischt im Garten immer mit und das ist auch gut so. Alles andere wäre nämlich langweilig.

Eine im ersten Augenblick entsetzlich deplatziert aussehende feuerrote Hemerocallis muss weichen und findet im hintersten Eck des Gartens einen neuen Platz. Dort jedoch wirkt ihre Strahlkraft noch viel größer. Erst recht im dritten Standjahr als aus dem vormals dünnen Fächer eine üppig blühende starke Taglilie herangewachsen war. Ich hole mir die Feurige tatsächlich wieder und setze sie vor das dunkle Grün einer Weigelie, ganz am Anfang des Gartenweges. Was für ein toller Kontrast!

Die zartrosa Rosen verblassen dagegen und müssen statt dessen mit einer cremeweißen Taglilie in unmittelbarer Nachbarschaft vorlieb nehmen. Die Farbharmonie stimmt zwar und die fast gemeinsame Blütezeit auch, dennoch wirkt das Ensemble eher langweilig als spannend.

David Austin-Rose Benjamin Britten

David-Austin-Rosen harmonieren immer.

Ein Blick in David Austins Schaugärten zeigt, seine Rosen harmonieren selbst wenn gelbe neben rosa Rosen stehen. Selbst die höchst auffällige karminrote Benjamin Britten oder The Lark Acending in Aprikot harmonieren perfekt zwischen ihren dezent rosaroten, pinken, gelben oder weißen Geschwistern. Woran das wohl liegt? Es ist Natur!

Nur selten blühen alle Rosen gleichzeitig und selbst wenn: Das Auge selektiert mit jedem einzelnen Blick. Da eine rosa Blüte, dort eine gelbe, da eine orange Blüte mit hellen oder dunklen Streifen. Nur selten sehen wir ein ganzes Beet auf einmal und wenn doch, wirken kontrastreiche Farben spannender als Harmonien.

David Austin-Rose The Lark Ascending

Weiße Blüten trennen Extreme und verbinden zugleich.

Früher waren weiße Blüten als Friedhofsblumen verpönt. Ihr Image hat sich gottlob grundlegend geändert. Sparsam eingesetzt wirken weiße Blüten wahre Wunder. Einerseits trennen sie allzu kritische Farbnachbarn voneinander. Besonders gut kann das Gaura Lindheimeri, die Präriekerze. Sie tanzt quasi frei zwischen Stauden und Rosen und lässt ihnen den Platz, den sie zum Ausleben ihres Charakters brauchen.

Die weiße Ballhortensie Annabell bringt Helligkeit und großflächig Ruhe in den Hintergrund und ist schon deswegen nicht hoch genug zu loben. Für panachierte großblättrige Funkien/Hostas gilt das Gleiche.

Herbstmargerite strahlt mit der Sonne um die Wette

Gelbe Blüten sind wie kleine Sonnen im Garten.

Manche schwören auf ihren vom Gelb befreiten Garten. Nur Narzissen, Tulpen und Krokusse im Frühlingsgarten dürfen sich mit der Farbe der Sonne schmücken. Was für ein Verlust für das restliche Jahr. Ich hab’s ausprobiert und für eine Weile Gelbes in den Beeten gemieden. Dann aber zog eine gelbe hohe Taglilie bei der Nachbarin ein und zog meinen Blicke wie magisch an.

Inzwischen blühen einige dieser hohen Prachtstauden im Hintergrund zwischen den Rosen und wirken dort einfach wunderbar. Auch den fröhlich bunten Islandmohn lasse ich gewähren. Zugegebener Weise ist sein Platz zwischen rosa Rose und pinken Sonnenhut suboptimal, ich lasse ihn dennoch dort stehen. Einfach weil er sich dort wohl fühlt und quasi seit März ohne Pause blüht. Warum sollte ich ihn rausschmeißen, wenn es ihm dort doch so gut gefällt?

Gelber Islandmohn

Orange Blumen geben ordentlich Feuer.

Unter den Taglilien gibt es einige Sorten, die mit Blüten zwischen Orange und Weinrot punkten und schon an dieser Kombination erkennt man leicht, wie spannend diese grundverschiedenen Farben sind. Sie gehören schließlich zu den Komplementärfarben, die einander gegenseitig „erhöhen“. Sehr zur Freude des Betrachters. Man kann sich das zum Vorteil machen und beim Pflanzen gleich darauf achten.

Auch Rosenfreunde profitieren von diesem Feuerwerk der Blüten. Schließlich beginnt die Hauptsaison der Taglilien erst wenn der erste Flor der meisten Rosen vorüber ist. Man kann also durchaus einen rosa Rosagarten genießen und im Anschluss daran im gleichen Beet Taglilien in Feuerfarben. Timing ist alles.

Zwischen Präriekerze und Lavendel sonnt sich Taglilie Frans Hals am Sonnenhang. Violetter Lavendel passt perfekt dazu.

Rosa Blumen wirken hübsch und romantisch.

Ein rosarotes Blumenbeet? Na klar, rosa Cosmeen/Schmuckkörbchen sind unübertroffene Sommerblumen, dazu noch pinke und rosa Rosen, etwas weißer Lavendel und die romantisch veranlagte Gartenfreundin ist verzückt. Ich auch. Nur sollte die Freude über den rosaroten Mädchentraum nicht dazu führen, dass der Garten von vorne bis hinten auf ein und derselben Blütenwolke schwebt. Das wäre doch viel zu schade um den Platz. Genießen Sie statt dessen Rosa punktuell. Eine Kletterrose ganz in Pink oder Rosa ist schließlich auch ein Ereignis! Flankiert von violetten, weißen oder blauen Clematis nochmal so schön.

Farbharmonie im Garten mit zweifarbiger Sommerblume Schmuckkörbchen / Cosmea

Violette und blaue Blumen sorgen für Tiefe im Garten.

Wer violette Blüten im Garten liebt, hat weniger Sorgen. Violett liegt im Farbkreis zwischen Rot und Blau und harmoniert mit beiden Farben. Zugleich ist Violett die Komplementärfarbe von Orange, was spannend ist. Goldmohn mit Sommerastern sind ein gutes Beispiel dafür. Überhaupt wirken violette Aster zusammen mit Dahlien in jeder Farbschattierung einfach perfekt.

Sommeraster mit Goldmohn

Mein persönliches Fazit: Farbharmonie im Garten anzustreben ist ein hohes, wenn auch selten zu erreichendes Ideal. Wer Spaß an Blumen hat und einen eher kleinen Garten, darf und sollte sich an jeder Farbe erfreuen, die die Natur für Blumen vorgesehen hat. Alles andere schränkt ein. Anstatt einzelne Farben aus dem Garten zu verbannen sollte man eher darauf achten, dass möglichst das ganze Jahr über etwas im Garten blüht oder ihm zumindest im Winter etwas Struktur verleiht. Wer dann noch beim Pflanzen auf die unterschiedlichen Wuchshöhen und Blütezeiten der Pflanzen achtet, erreicht Harmonie, auch ohne dabei auf bestimmte Farben zu verzichten.

Und wie halten Sie es mit der Farbharmonie? Gestalten Sie Ihren Garten streng nach Getrude Jekyll oder sind sie, zumindest hin und wieder, für Überraschungen zu haben?

Fiona Amann

Fiona Amann ist Werbetexterin, Bloggerin, Produktfotografin, Blumenfotografin und gärtnert leidenschaftlich gerne. In ihrem Gartenblog "Wo Blumenbilder wachsen" teilt sie Gartenwissen aus vier Jahrzehnten, stellt Lieblingspflanzen und ihre Pflege vor, verrät die Lieblingsrezepte ihrer Familie und Rezepte aus ihrer Landküche und dazu lohnenswerte Gartengeräte, Koch - oder Gartenbücher vor.
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